Kauf widerrufen – wer trägt die Lieferkosten?
Gekauft ist gekauft? Nicht im Netz! Wer im Internet shoppt, hat ein gesetzliches Widerrufsrecht, d.h. er kann die Ware bei Nichtgefallen einfach zurückschicken und bekommt den Kaufpreis zurückerstattet. Aber müssen Sie als Onlinehändler dem Kunden auch die Kosten der Zusendung (Liefer-/Versandkosten) ersetzen?
Die Frage ist seit langem umstritten. Nun hat der Europäisch Gerichtshof (EuGH) sie geklärt – und zwar zu Lasten der Onlinehändler (Urteil vom 15.04.2010, Az.: C-511/08). Der Verkäufer muss im Fall des Widerrufs seinen Kunden neben dem vollen Kaufpreis auch die Zusendungskosten erstatten. Ein Abzug vom Kaufpreis ist nur möglich, wenn der Händler vom Verbraucher für die Nutzung einer Ware Wertersatz verlangen kann. Hinsichtlich der Rücksendekosten sieht das Gesetz hingegen ausdrücklich vor, dass der Kunde die Versandkosten tragen muss, wenn
- er dazu vom Onlinehändler vertraglich (z.B. per Allgemeiner Geschäftsbedingung) verpflichtet worden ist und
- die zurückzusendende Ware einen Betrag von 40,– Euro nicht übersteigt.
Andernfalls muss der Verkäufer auch die Rücksendekosten tragen. Der Trend unter Online-Händlern, sich die Versandkosten über einen höheren Verkaufspreis wieder reinzuholen, wird sich daher wohl in Zukunft fortsetzen. Das EuGH-Urteil gibt allerdings keine eindeutige Antwort auf die Frage, wer die Zusendungskosten tragen muss, wenn der Widerruf z.B. nur für drei von fünf gekauften Büchern erfolgt. Muss der Verkäufer dann die kompletten oder nur die anteiligen Zusendungskosten erstatten? Da eine anteilige Berechnung immer mit Schwierigkeiten verbunden ist, wird sich in der Praxis unabhängig von der rechtlichen Verpflichtung wahrscheinlich die komplette Erstattung durchsetzen. Noch ist nicht geklärt, ob aufgrund des EuGH-Urteils nun auch der Text der Widerrufsbelehrung ergänzt werden muss. Die Belehrung enthält nur Regelungen bzgl. der Erstattung des Kaufpreises und der Kosten der Rücksendung. Die am 11. Juni 2010 in Kraft tretende Neufassung der Widerrufsbelehrung sieht jedenfalls keinen Hinweis vor. Das Kapitel „Versandkosten“ muss damit aber noch nicht abgeschlossen sein.
Über den Autor
Dr. Volker Baldus, Rechtsanwalt – janolaw AG
Volker Baldus von der janolaw AG studierte Rechtswissenschaft in Göttingen, war danach im Rahmen seiner Promotion an der UC Irvine in Kalifornien und ist für sein Referendariat nach Frankfurt am Main gekommen. Nach ersten Berufserfahrungen in Kanzleien arbeitet er seit 2007 für den Online-Rechtsdienstleister janolaw AG. Ein Schwerpunkt seine Tätigkeit liegt im E-Commerce-Bereich, insbesondere in der Erstellung und Aktualisierung von AGB und Widerrufsbelehrungen für Shopbetreiber.
ist Mitarbeiter bei janolaw ag
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