Ein Jahrzehnt im E-Commerce – Interview mit Onlinehändler Stefan Kolodziej Teil 1/2
Seit mehr als zehn Jahren betreibt Stefan Kolodziej mit seinem Geschäftspartner Kai Lieder einen Onlineshop für hochwertige Tees. Was hat er in dieser Zeit erlebt und welche Erfahrungswerte kann er Händlern geben, die im E-Commerce starten möchten? Erfahren Sie mehr im zweiteiligen Interview im ePages Blog.
Hallo Herr Kolodziej, möchten Sie sich kurz vorstellen?
Stefan Kolodziej vor dem Goldenen Pavillon in Kyoto (Teeanbaugebiet Uji). |
Stefan Kolodziej: Gern. Mein Name ist Stefan Kolodziej. Zusammen mit meinem Geschäftspartner Kai Lieder betreibe ich seit Ende 1989 den Teehandel Kolodziej & Lieder OHG. Unser Ladengeschäft steht in Uelzen, Niedersachsen. Die URL unseres Shops lautet: www.kolodziej-lieder-shop.de. Mit unserem Geschäft haben wir uns mittlerweile klar als Versender positioniert, der im Bereich der klassischen schwarzen und grünen Tees tätig ist, also nicht im Bereich der aromatisierten Tees. Unser Fokus liegt auf qualitativ hochwertigen Produkten, also durchaus einer Marktnische. Diese pflegen wir durch direkte Kontakte zu Plantagenbesitzern, durch Reisen nach Indien, Japan und nach China. Je nach Situation importieren wir Tees direkt oder indirekt.
Sie betreiben seit einigen Jahren zusätzlich zum Ladengeschäft einen Onlineshop.
Stefan Kolodziej: Ja, so um das Jahr 2000 herum sind wir online gegangen. Es war im Prinzip die logische Folge daraus, dass wir schon seit Gründung 1989 immer auch einen Versandkatalog hatten. Da wir aber viele sogenannte Single-Garden-, bzw. Single-Invoice-Tees im Sortiment haben, also einzelne Partien, von denen es teils nur ca. 100 kg oder sogar weniger pro Jahr gibt und diese somit auch immer wieder ohne Nachschubmöglichkeit ausverkauft sind, kommt uns das Internet mit seiner schnellen Aktualisierbarkeit sehr entgegen. Der Print-Katalog ist da sehr viel unflexibler, weshalb wir auch keinen mehr haben.
Auch ist die Kundengruppe, die wir mit unserem Sortiment ansprechen, in unserer Stadt, in der wir unser Ladengeschäft betreiben, viel zu klein. Wenn das Geschäftsumfeld in der eigenen örtlichen Lage nicht mehr stimmt, es also immer mehr Ladenschließungen/Leerstände um einen herum gibt, dann fällt dies natürlich irgendwann auch auf das eigene Geschäft zurück.
Sie nutzen für Ihren Onlineshop mittlerweile das Webshop-Angebot von Strato, also einen gemieteten Onlineshop auf Basis von ePages. Womit sind sie gestartet?
Stefan Kolodziej: Ich besaß damals recht brauchbare Computerkenntnisse und die Fähigkeit sich mal das eine oder andere an HTML-Grundlagen (eher im Bereich der Formatierung und des Einbaus von Texten) selbst beizubringen. Ich hatte also ein Grundverständnis für das Web, aber keine wirklichen Programmierkenntnisse.
Als erstes Programm nutzten wir dann NetObjects Fusion, um unsere Internetseite zu bauen. Darüber hatte ich dann auch den ersten Shop mit Warenkorbfunktion (damals das System von 1 & 1) realisiert. Den jetzigen ePages Shop betreiben wir seit September 2005
Wie lange brauchten Sie, um den Shop aufzusetzen?
Stefan Kolodziej: Das kann ich nicht mehr so genau sagen, viele, viele Nächte. Es ist ja immer ein kontinuierlicher Prozess. Leider suggerieren die Shop-Provider den Kunden, dass ein Shop innerhalb von 20 Minuten startklar ist. Das stimmt zwar grundsätzlich, aber es gibt einfach viele, viele Sache einzustellen, zu optimieren und das Integrieren der Artikel geht auch nicht in ein paar Stunden. Mit ein paar Minuten oder Stunden ist da nichts zu machen.
Wäre ein externer Dienstleister, der Ihnen den Shop erstellt, da keine Alternative gewesen?
Stefan Kolodziej: Angesichts der damaligen Preise für das Aufsetzen eines Shops oder nur einer einfachen Internetseite schied der Gedanke eigentlich sofort aus. Auch war ja gar nicht klar, ob gerade Tee-Kunden das Internet annehmen würden, denn es gab zu der Zeit eine Reihe von Teeversendern, die einen Print-Katalog oder eine gedruckte Liste hatten. Im Grunde passt dies ja auch gut zusammen: Also gemütlich Tee trinken und dabei im Tee-Katalog blättern und bestellen. Im Gegensatz dazu, der irgendwo stehende Desktop-Computer, vielleicht im Arbeitszimmer, ohne Bezug zum Ort des Teegenusses, dem Wohnzimmer. Auch die damals noch langsamen Internetverbindungen und eben auch die damalige Einstellung vieler Teetrinker „ich kaufe lieber im Geschäft, da kann ich an dem Tee riechen, usw.“ hätten sich als Probleme erweisen können.
Sie betreiben Ladengeschäft und Onlineshop. Befruchten sich die beiden gegenseitig?
Stefan Kolodziej: Ja, allerdings haben die beiden im Laufe der Zeit die Rollen getauscht. Mittlerweile erzielen wir 70 bis 80 Prozent unseres Umsatzes über den Internet-Shop. Dazu noch einen Teil über unseren Großhandel. Der Ladenverkauf verliert immer mehr an Bedeutung. Als Konsequenz haben wir stationär auch nur noch halbtags geöffnet. Was manche Kunden zu der Annahme verleiten könnte, dass wir auch nur halbtags arbeiten würden, aber das ist ganz und gar nicht der Fall. Der Umsatzrückgang unseres Ladengeschäfts ist wohl auch bedingt durch die innerstädtische Entwicklung unserer Stadt (Uelzen), was wohl auf andere Städte auch immer mehr zukommen wird.
Im Onlinegeschäft steigen Ihre Umsätze. Können Sie uns ein paar Zahlen nennen?
Stefan Kolodziej: Wir haben ca. 20 Prozent Wachstum pro Jahr im Internet-Shop. Insgesamt kommen wir auf etwa 400-500 Bestellungen pro Monat. Die Verkäufe im Laden kommen zusätzlich hinzu. Bei Stammkunden – und unser Handel ist ein extremes Stammkundengeschäft – sind die Warenkörbe relativ gleichmäßig hoch, teils stark steigend. Das ist im Ladengeschäft anders. Da der Kunde hier natürlich immer einfach mal vorbeikommen kann, sind offline viele kleine Verkäufe dabei. Online scheinen die Kunden experimentierfreudiger zu sein und möchten auch meistens den Wert für eine portofreie Lieferung erreichen.
Woher kommen Ihre Kunden?
Stefan Kolodziej: Der große Teil kommt aus Deutschland. Wir versenden innerhalb der EU, haben also auch Kunden in London, Athen oder Mailand. Da wir unseren Shop nur in Deutsch betreiben, erreichen wir natürlich fast nur deutschsprachige Kunden, allerdings haben wir auch Kunden, die kein Deutsch verstehen und trotzdem bei uns ordern.
Wie sieht ein typischer Tagesablauf bei Ihnen aus?
Stefan Kolodziej: Morgens rufen wir die Bestellungen über den Shop ab. Anschließend werden E-Mails gecheckt und falls notwendig, Rückfragen an Kunden per E-Mail gestellt. Dann müssen die Pakete gepackt und Rechnungen geschrieben werden, um die Bestellungen versandfertig zu machen. Zwischendurch nehmen wir hin- und wieder telefonische Bestellungen entgegen und beantworten Fragen. Soweit zur Bestellabwicklung. Zusätzlich machen wir zwischendrin die Buchführung (wir machen alles selbst), packen den Tee ab und bestellen bei Lieferanten. Während der Erntezeiten in den Ursprungsländern kommen noch die Teeverkostungen hinzu. Dann erhalten wir täglich Muster aus den Erzeugerländern. Am Abend schreibe ich dann für unseren Blog und unser Facebook-Profil Beiträge.
Wir arbeiten zu zweit Fulltime für unser Geschäft. Bei größeren Shop-Änderungen auch mal 10 bis 15 Stunden am Tag. Kleine Änderungen kosten uns aber dann auch nur mal ein paar Minuten am Tag. Der Inhalt wird täglich aktualisiert. Ausverkaufte Sorten werden von uns deaktiviert (derzeit nicht verfügbare Artikel sind bei uns grundsätzlich nicht bestellbar). Preise müssen aktualisiert werden etc. Die Shoppflege ist ein kontinuierlicher Prozess und beinhaltet viel Handarbeit. Wichtig bei unseren Waren ist einerseits die Frische des Produktes, andererseits die gute Verfügbarkeit, da gilt es, beides in Einklang zu bringen. Außerdem muss die Lagerung und Rückverfolgbarkeit sorgfältig erfolgen, nicht zuletzt, da wir seit Beginn der Bio-Verordnung entsprechend zertifiziert sind.
Lesen Sie den zweiten Teil des Interviews hier im ePages Blog. Darin verrät Stefan Kolodziej seine Erfolgsfaktoren für gesundes und kräftiges Wachstum in Onlinegeschäft.
studierte Germanistik, Geschichte und Politik an der Ruhr-Universität Bochum, an dass er ein PR-Volontariat in Hamburg anschloss. Von 2004 bis 2009 betreute er als Freelancer für Marketing und Kommunikation mehrere Hamburger Unternehmen, darunter verschiedene aus dem Bereich E-Commerce. Zwischen August 2009 und Dezember 2011 arbeitete er als Online-Redakteur bei ePages.
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