Ein Jahrzehnt im E-Commerce – Interview mit Onlinehändler Stefan Kolodziej Teil 2/2
Sind Social Networks wichtig für Onlinehändler oder nicht? Bringt ein Unternehmensblog mehr Umsatz? Was sollten Einsteiger ins E-Commerce beachten? Im zweiten Teil unseres Interviews mit Onlinehändler Stefan Kolodziej beschäftigen wir uns mit Erfolgsfaktoren für erfolgreichen Onlinehandel. (Den ersten Teil des Interviews finden Sie hier.)
Der Umsatz in Ihrem Shop wächst um 20 Prozent pro Jahr. Was glauben Sie, was sind die Erfolgsfaktoren, auf die es ankommt?
Stefan Kolodziej: Wir verkaufen nur direkt in unserem Shop, nutzen also weder Amazon noch eBay. Aktuell versenden wir ab 40 Euro innerhalb Deutschlands portofrei. Wir hatten aber auch schon höhere Werte und auch schon völlig freien Versand ab 0 Euro. Letzteres führt zwar zu der einen oder anderen Mehrbestellung, aber rechnet sich natürlich nicht wirklich. Auch zur Neukundengewinnung eignet sich dies meiner Meinung nach nicht wirklich, denn Kunden, die für ein paar Euro bestellen, sind natürlich gleich wieder weg, sobald der Frachtfreiwert angehoben wird.
Wir verschicken zwar Newsletter, aber hier tritt dann bereits eine gewisse Zeitnot zutage, der Newsletter bleibt zu oft ungeschrieben. Da wir auch über Blog und Twitter sowie Facebook und Xing präsent sind, bleibt der Newsletter leider oft zweitrangig, obwohl Newsletter nach jeder Versendung deutlich mehr Bestellungen generieren. Gutscheine zu versenden haben wir bisher noch nicht ausprobiert.
Alle Arten von Kommunikationswegen kommen gut an. Der eine mag Twitter, der andere Facebook. Unser Blog wird speziell von Kunden, die sich sehr für das Produkt interessieren gelesen (wir stellen aber fest, dass sich Blog-Kommentare in letzter Zeit eher Richtung Facebook und Co verschoben).
Eine relativ neue Entwicklung zeigt sich in unserem Ladengeschäft. Tatsächlich gibt es mittlerweile einige Kunden, die vorher ziemlich genau in unserem Internetshop, bzw. in unserem Blog nachgelesen haben, was es Neues gibt. Dabei handelt es sich keineswegs nur um jüngere Kunden, sondern gerade auch Kunden 50+. Es geht letztlich um Kommunikation und Kontakt mit den Kunden. Unsere Kunden möchten eben, genau wie früher im stationären Verkauf, über Dinge sprechen. Das muss nicht einmal über das Produkt selbst sein.
Wie sieht es beim Marketing abseits von Newslettern und Verkaufsportalen aus? Schalten Sie Adwords oder betreiben Sie Suchmaschinenoptimierung?
Stefan Kolodziej: Externe Dienstleister nutzen wir nicht, weder für das Suchmaschinenmarketing noch für die Suchmaschinenoptimierung. Stattdessen kümmern wir uns selbst um SEM und SEO, ePages sorgt da schon für so manches ganz automatisch. Sowohl der Blog als auch Twitter tragen viel dazu bei, das wir gefunden werden.
Das gesamte Gebiet der Suchmaschinen – Bing, Yahoo, Google und Google Base – wird von mir persönlich bedient. Man kann das alles durchaus eigenständig bedienen, einen Dienstleister braucht man meiner Meinung nach nur, wenn man keine Zeit oder Lust hat, sich dort einzuarbeiten.
Print-Anzeigen machen wir nicht, Google AdWords schalten wir nur gelegentlich, eigentlich äußerst selten. Unser Shop wird, speziell wenn die Kunden nach bestimmten Teesorten suchen, sehr gut gefunden, was ja auch für ePages spricht.
Wie sieht es mit Preissuchmaschinen aus?
Stefan Kolodziej: Wir sind bewusst nicht in den zahllosen, unprofessionell betriebenen Portalen vertreten. In einem Umfeld veralteter Einträge teils seit Jahren nicht mehr existierender Firmen möchten wir nicht gefunden wenden.
Wir nutzen auch hin und wieder spezialisierte Suchmaschinen wie etwa Preisroboter, aber allgemein möchten wir nicht in Preissuchmaschinen vertreten sein. Unser Produkt bietet zu viele Verwechselungsmöglichkeiten, da wir ja sozusagen Rohwaren und weniger Markenware verkaufen. Unter gleichem Namen können sich ganz unterschiedliche Produkte verbergen, was eine ganz schlechte Voraussetzung für einen Preisvergleich ist.
Auch bin ich der Meinung, dass das Internet sich keinesfalls nur als Plattform für Billiganbieter eignet, ganz im Gegenteil. Über das Internet erreichen gerade spezialisierte Firmen mit hochwertigen Produkten und gutem Service Ihre Kunden.
Letztendlich muss man auch einfach akzeptieren, dass man mit einem Online-Shop nicht alle Kunden erreichen wird. Man sollte natürlich flexibel sein und auf Kundenwünsche eingehen, andererseits darf man sich aber auch nicht das eigene Konzept verwässern lassen.
Sie sind mit Ihrem Shop sehr aktiv in Sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter und betreiben ein eigenes Blog. Worüber generieren Sie am meisten Kunden?
Stefan Kolodziej: Am meisten hilft uns wahrscheinlich die Weiterempfehlung durch unsere Stammkunden, was natürlich auch einen positiven Rückschluss auf unseren Service und die Produktqualität zulässt. Von den drei genannten, finden vor allem über den Blog Kunden in unseren Onlineshop, über Facebook nur bedingt. Unsere Aktivität auf Twitter macht sich durchaus bemerkbar. Und ganz wichtig ist natürlich Google. Über die Websuche von Google kommt ein Großteil der Kunden.
Ich glaube, dass all diese Wege wichtig sind. Auch unter Händlern stelle ich oft fest, dass die Frage auftaucht: „Facebook, wozu soll das gut sein?“ „Twitter ist nur was für Jugendliche“, usw. Das erinnert mich dann leider ziemlich an die gleichen Aussagen, die Leute vor Jahren gemacht haben, also: „Internet, was soll ich damit?“ „So was brauche ich nicht, ich gehe in den Laden, wenn ich was kaufen will.“ „Mobiltelefon, wozu? Man kann mich doch zuhause anrufen.“
Seitens des Handels und seitens der Verbraucher ist wohl der Deutsche sehr träge, sich auf Veränderungen einzulassen, einfach mal auszuprobieren, was die neuen Entwicklungen bringen könnten. Es wird erstmal alles für lange Zeit abgelehnt, um am Ende aber doch wieder alles mitzumachen, manchmal zu spät. Darin sehe ich auch ein Problem für den stationären Handel. Die Zurückhaltung in Sachen Internet, auch mit einem eigenen Shop, ist viel zu groß.
Sie sprachen vorhin davon, dass das gute Verhältnis zu den Kunden auch im Onlinehandel das Wichtigste ist. Nutzen Sie dazu auch Empfehlungssysteme wie eKomi oder TrustedShops?
Stefan Kolodziej: Unsere Kunden sind sehr zufrieden mit uns. Unsere Pluspunkte sind die sehr schnelle Lieferung (ein bis zwei Werktage), die gute Qualität, die Einzigartigkeit bestimmter von uns importierter Teesorten, das tiefe Sortiment in einigen Produkt-Segmenten (japanischer Tee) sowie die völlig unkomplizierte Bearbeitung der wenigen Reklamationen. Dazu muss man sagen, dass Letzteres so gut wie gar nicht vorkommt. Rücksendungen tendieren bei uns gegen null. Es kann mal ein falsches Produkt eingepackt worden sein, oder eine Teeschale ist kaputt gegangen, oder der Kunde hat versehentlich etwas bestellt, was er gar nicht wollte.
Wir nutzen eKomi, um diese guten Erfahrungen unserer Kunden für uns zu nutzen. Gefühlt hatten wir gleich einen guten Anstieg der Bestellungen, speziell, als wir über das eKomi Widget die Bewertungstexte auf der Seite hatten. Derzeit nutzen wir eKomi nur als reines Logo.
Ich glaube, dass die Bewertungsmöglichkeiten auch für den Kunden sehr wichtig sind, denn so kann der Kunde auch mal seine Zufriedenheit ausdrücken. All zu oft geht der Kunde ja nur mit negativen Dingen an die Öffentlichkeit (in Foren). Ich glaube, dass es durchaus auch sehr befriedigend für den Kunden sein kann, mal ganz unkompliziert seine Zufriedenheit auszudrücken. Das ist einfach eine weitere Art zu kommunizieren und die eigene Sichtweise darzustellen.
Auch im Onlinehandel hat man es vor allem mit Menschen zu tun. Was ist Ihnen in den zehn Jahren, die Sie nun schon Ihren Onlineshop betreiben, alles im Umgang mit Kunden passiert?
Stefan Kolodziej: Skurril finde ich, wenn Leute sagen, sie wollen lieber nicht über den (verschlüsselten) Shop bestellen, sondern lieber eine E-Mail (mit denselben Daten) unverschlüsselt schicken. Oder Sie bestellen lieber telefonisch, weil man ja nicht weiß, was mit den Daten passiert.
Das kommt vor?
Stefan Kolodziej: Ja. Es gibt auch Kunden, die drucken sich die ganzen Artikel und Artikelübersichten aus, um dann Tee telefonisch zu bestellen.
Unverständlich ist mir, wenn Kunden sagen, der ganze Bestellprozess ist viel zu kompliziert und man müsse so viele -unnötige- Angaben machen. In Wirklichkeit muss man nichts weiter tun, als die Artikel auszuwählen, seine Adresse einzugeben und Zahlmethode und Versandart auswählen. Im Ladengeschäft tut man nichts anderes. Man legt die Produkte in den Einkaufswagen, geht zur Kasse, überlegt ob man per Karte oder bar bezahlt.
Ärgerlich finde ich es immer dann, wenn die Kunden vergessen, dass wir als Shopbetreiber immer noch Menschen und keine Maschinen sind. Solche Fälle sind aber zum Glück bei uns die Ausnahme.
Wenn Sie noch einmal mit Ihrem Onlineshop starten würden, was würden Sie anders machen?
Stefan Kolodziej: Ich würde vollständig auf den Ladenverkauf verzichten, oder eben eine reine „Abholmöglichkeit“ bieten. So, wie wir es jetzt fast schon machen.
Anders als damals, als wir diese selbstgebastelte Shop-Seite über Netobjects Fusion hatten, würde ich sofort mit einem gehosteten Shopsystem starten. Der Grund ist einfach der, dass der Shop-Provider für die technische Funktion des Shops sorgt, sich damit auch noch zu beschäftigen, überstiege dann sowohl mein Wissen als auch die zeitlichen Möglichkeiten.
Sie haben 10 Jahre Erfahrung im E-Commerce. Welche Tipps können Sie einen Shopeinsteiger geben?
Stefan Kolodziej: Der wohl größte Fehler, den Shopeinsteiger machen, ist, dass sie von dem Produkt, welches sie verkaufen wollen, nichts, aber auch gar nichts verstehen. Da wir auch im Tee-Großhandel tätig sind, erleben wir regelmäßig, dass die „ich mache demnächst einen Teeshop im Internet auf“-Leute nur sehen, dass das Produkt vermeintlich einfach zu verkaufen ist.
Da wird dann völlig übersehen, dass es sich im Falle des Tees, eben nicht um ein Standard-Industrie-Produkt handelt, sondern dass man Fachwissen zum Produkt und Hintergrundinformationen benötigt. Selbst so simple Dinge wie: „Ach, es gibt eine Verpackungsverordnung?“ „Ach, ich muss den Tee selbst abwiegen?“ „Ach, die Waage muss geeicht sein?“ „Ach, wenn ich lose Bio-Ware vertreibe, muss ich mich zertifizieren lassen?“
Da fehlt es also an vielen Dingen. Viele glauben scheinbar, einen Internetshop zu betreiben, ist so ein Ding, das man mal eben nebenbei macht. Wenn jemand schon einen stationären Handel hat, sieht das ganz anders aus. Stationäre Händler kennen eben all die „nicht-virtuellen“ Dinge, wie Lagerung, Versand, Reklamationen, Kundenkontakt.
Ich glaube aber, dies ist ein Problem, dass nicht nur in unserer Branche besteht, sondern in vielen anderen Einzelhandelsbranchen auch.
10 Tipps für erfolgreiche Shopbetreiber Von Stefan Kolodziej
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studierte Germanistik, Geschichte und Politik an der Ruhr-Universität Bochum, an dass er ein PR-Volontariat in Hamburg anschloss. Von 2004 bis 2009 betreute er als Freelancer für Marketing und Kommunikation mehrere Hamburger Unternehmen, darunter verschiedene aus dem Bereich E-Commerce. Zwischen August 2009 und Dezember 2011 arbeitete er als Online-Redakteur bei ePages.
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