„Sofortüberweisung darf weiterhin angeboten werden“ – Interview mit Martin Rätze (Trusted Shops)
In den letzten Wochen gab es Diskussionen über die Zahlungsmethode Sofortüberweisung. Wir haben Martin Rätze, Rechtsexperte bei Trusted Shops, zu diesem Thema befragt. Sein Fazit: Grundsätzlich darf Sofortüberweisung in Onlineshops angeboten werden.
ePages: Herr Rätze, das LG Frankfurt hält Sofortüberweisung für unzumutbar. Müssen Shopbetreiber jetzt diese Zahlungsart aus ihrem Shop entfernen?
Martin Rätze: Nein, das Gericht hat ausdrücklich betont, dass das Zahlungsmittel Sofortüberweisung in Onlineshops grundsätzlich angeboten werden darf. In dem Rechtsstreit ging es um die Frage, ob Sofortüberweisung das einzige kostenlose Zahlungsmittel sein darf. Im Übrigen ist das Urteil noch nicht rechtskräftig.
ePages: Bitte klären Sie uns auf: Wer hat wen verklagt?
Martin Rätze: Der vzbv (Bundesverband der Verbraucherzentralen e.V.) ging gerichtlich gegen die DB Vertrieb GmbH vor. Verbraucher konnten auf einem Portal, das von der DB-Tochter betrieben wurde, Flugreisen buchen. Bezahlt werden konnte entweder mit Kreditkarte gegen Aufpreis oder eben per Sofortüberweisung ohne Aufpreis.
ePages: Was waren die Gründe dafür, dass der vzbv Klage eingereicht hat?
Martin Rätze: Seit dem 13. Juni 2014 gilt in Deutschland ein neues Verbraucherrecht. Onlinehändler sind verpflichtet, dem Verbraucher mindestens eine gängige und zumutbare kostenlose Zahlungsart anzubieten. Der vzbv ist der Ansicht, dass Sofortüberweisung diese Vorgaben nicht erfüllt und sah den Verbraucher benachteiligt. Das LG Frankfurt a.M. hat sich der Auffassung des vzbv angeschlossen und Sofortüberweisung zu den unzumutbaren Zahlungsarten gezählt.
ePages: Wie ist das Gericht zum Schluss gekommen, dass Sofortüberweisung unzumutbar ist?
Martin Rätze: Das Gericht hatte zwei grundlegende Fragen zu klären: Ist Sofortüberweisung ein gängiges Zahlungsmittel und ist die Nutzung von Sofortüberweisung als alleiniges kostenloses Zahlungsmittel zumutbar.
ePages: Und ist Sofortüberweisung ein gängiges Zahlungsmittel?
Martin Rätze: Nach Auffassung des LG Frankfurt ist Sofortüberweisung ein gängiges Zahlungsmittel, und zwar aus zwei Gründen: 54 Prozent der 100 umsatzstärksten Online-Shops bieten diese Zahlungsart an, und bei Sofortüberweisung liege eine Bankenabdeckung von 99 Prozent vor. Fast jeder Verbraucher könne also mit dieser Zahlungsart bezahlen.
ePages: Aber an der Zumutbarkeit scheiterte es dann wohl?
Martin Rätze: Richtig, so ist es. Als unzumutbar wertete das Gericht die folgenden drei Aspekte:
- Der Verbraucher muss bei der Nutzung der Zahlart mit der Sofort AG in vertragliche Beziehungen treten.
- Er muss dem Payment-Anbieter seine Kontozugangsdaten mitteilen.
- Er muss in den Abruf von unzähligen Kontodaten (wie Kontostand, Umsätze der letzten 30 Tage etc.) einwilligen.
ePages: Worin besteht nach Ansicht des LG Frankfurt denn ein Problem? Schließlich weiß der Verbraucher doch worauf er sich bei der Nutzung von Sofortüberweisung einlässt.
Martin Rätze: Durch das Bezahlen per Sofortüberweisung erhalte der Payment-Anbieter umfassenden Einblick in die Kunden-Kontoinformationen, wobei ich bezweifle, dass das jedem Verbraucher so bewusst ist. Hierbei handelt es sich um besonders sensible Finanzdaten, die auch zur Erstellung von Persönlichkeitsprofilen genutzt werden könnten. Hinzu kommt, dass der Kunde dem Zahlungsdienstleister seine personalisierten Sicherheitsmerkmale, wie zum Beispiel PIN und TAN mitteilen muss, wenn er den Service nutzen möchte. Dies berge erhebliche Risiken für die Datensicherheit und eröffnet erhebliche Missbrauchsmöglichkeiten.
ePages: Aber Sofortüberweisung hat doch alle denkbaren Maßnahmen ergriffen, um die Finanzdaten seiner Nutzer zu sichern. Ist das nicht ausreichend?
Martin Rätze: Nach Einschätzung der Richter kommt es im Ergebnis nicht auf die konkrete Sicherheit des Dienstes Sofortüberweisung an. Ausschlaggebend für das Urteil war die grundsätzliche Erwägung, dass der Verbraucher nicht gezwungen werden kann, seine Daten diesem erhöhten Risiko auszusetzen.
ePages: Bitte geben Sie unseren Lesern zum Ende noch einen Tipp. Welche Zahlarten sind denn nun für den Verbraucher zumutbar?
Martin Rätze: Das LG Frankfurt hat sich in der Tat hierzu geäußert. So ist im Online-Handel die Überweisung auf ein Bankkonto oder das Lastschriftverfahren sowohl gängig als auch zumutbar. Kreditkarten sind nur dann eine gängige und zumutbare Zahlungsmöglichkeit, wenn in der fraglichen Situation die Zahlung mit Kreditkarte weithin üblich ist und mehrere am Markt verbreitete Kredit- und Zahlungskarten unentgeltlich eingesetzt werden können.
ePages: Wenn unsere Leser noch Fragen zu rechtlichen Belangen im Onlinehandel haben, wie kann Trusted Shops dabei helfen?
Martin Rätze: Ein erster Schritt ist sicherlich die Erstellung abmahnsicherer Texte für den eigenen Onlineshop. Der Trusted Shops Rechtstexter führt kostenlos Schritt für Schritt durch alle wichtigen rechtlichen Themenbereiche: AGB, Impressum, Datenschutz und Widerrufsrecht. In einem zweiten Schritt sichern unsere Abmahnschutzpakete den Shopbetreiber rundherum ab. Dabei übernehmen wir die volle Haftung für die erstellten Texte und Beratung.
ePages: Herr Rätze, vielen Dank für das informative Gespräch!
ist Markting & Event Manager bei ePages.
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