Wichtige Gesetzesänderungen im E-Commerce: Was Online-Händler zum Jahreswechsel wissen sollten
Ein weiteres Jahr ist vergangen. 2022 war jedoch im Gegensatz zu vielen anderen Jahren sehr ereignisreich und brachte für jeden von uns persönliche Herausforderungen mit sich, die man sich vor einem Jahr noch nicht hätte vorstellen können. Auch aus rechtlicher Sicht gab es für den E-Commerce im Jahr 2022 relativ viele Neuerungen. Neben der „Google Fonts-Abmahnwelle“ mussten Sie sich als Online-Händler mit umfangreicheren Gesetzesänderungen und deren Umsetzung in Ihren Shops auseinandersetzen. Gemeinsam möchten wir auf diese Veränderungen zurückblicken und Ihnen auch einen Blick in die Zukunft für 2023 geben.
Rückblick auf 2022
Änderungen des BGB und Elektrogesetz
Das vergangene Jahr begann mit umfangreichen Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Besonders relevant für Sie waren Änderungen im Kaufrecht. Beispielsweise müssen Sie beim Verkauf von Gebrauchtwarendie Kundschaft eigens in Kenntnis setzen und die Abweichung von der Normalbeschaffenheit ausdrücklich und gesondert vereinbaren, z. B. per Checkbox.
Außerdem wurden spezielle Regelungen zu digitalen Dienstleistungen und Produkten eingeführt.
Zudem wurde das Elektrogesetz mit Wirkung zum 01.01.2022 geändert. Wer große Elektro- oder Elektronikgeräte, Bildschirme und Wärmeüberträger vertreibt, ist seitdem u.a. verpflichtet, den Endnutzer bei Abschluss des Kaufvertrags nach seiner Absicht zu befragen, ob bei der Auslieferung des neuen Geräts ein Altgerät abgegeben werden soll. Dafür genügt z. B. eine digitale Möglichkeit wie ein Ankreuzen einer Checkbox im Online-Bestellvorgang.
New Deal for Consumers
Der Mai endete wohl mit dem umfangreichsten Änderungspaket des Jahres. Der sogenannte „New Deal for Consumers“ hielt neue Regelungen in verschiedenen Bereichen bereit:
In Ihrer Widerrufsbelehrung müssen Sie jetzt sowohl eine E-Mail-Adresse als auch eine Telefonnummer zwingend angeben. Eine Telefaxnummer können, müssen Sie jedoch nicht mehr aufnehmen.
Mit dem New Deal wurde auch die Preisangabenverordnung (PAngV) novelliert. Hinsichtlich der erlaubten Bezugsgrößen bei der Grundpreisangabe ist die bisherige Ausnahmeregelung für kleine Waren weggefallen. Für Waren, die 250 g oder 250 ml regelmäßig nicht überschreiten, ist der Grundpreis jetzt auch auf 1 kg bzw. 1 l zu beziehen. Zuvor durften auch Bezugsgrößen von 100 g oder 100 ml verwendet werden.
Wenn Sie mit einer Preisermäßigung werben, muss nun der vorherige Preis dem niedrigsten Gesamtpreis entsprechen, der innerhalb der letzten 30 Tage vor der Ermäßigung für das entsprechende Produkt von Ihnen verlangt wurde. Eine gewissenhafte Dokumentation ist hier das A und O, um potenzielle Abmahnrisiken zu verhindern.
Auch bei den berüchtigten Fake-Bewertungen hat sich was getan. Wer Fake-Bewertungen veröffentlicht oder auch nur nicht darüber informiert, ob und, wenn ja, welche Maßnahmen zur Echtheitsüberprüfung ergriffen wurden oder darüber falsche Angaben macht, verstößt gegen das Wettbewerbsrecht und ist abmahngefährdet. Wir empfehlen daher auf echte und authentische Bewertungen zu setzen, z. B. mithilfe der Trusted Shops Produkt- und Shopbewertungen.
Im letzten Jahr war also einiges los. Schauen wir deshalb, welche rechtlichen Themen im neuen Jahr auf Sie zukommen können.
Ein Blick in die Zukunft
Zunächst die gute Nachricht: Das Jahr 2023 wird hinsichtlich relevanter Gesetzesänderungen für den E-Commerce wohl bedeutend unspektakulärer als das vergangene Jahr.
Ein paar Themen werden für Sie als Händler*in aber unter Umständen relevant sein:
Weitere Änderungen des Elektrogesetzes
Ab dem 01.07.2023 sind Fulfillment-Dienstleister und Marktplatzbetreiber verpflichtet, sich die Registrierung nach dem Elektrogesetz von ihren Händlern nachweisen zu lassen. Da für Händler von Elektrogeräten schon zuvor die Registrierung bei der stiftung ear verpflichtend war, ändert sich für Sie an dieser Stelle nicht viel, sollten Sie Ihrer Pflicht bereits nachgekommen sein.
Eine weitere Neuerung gilt jedoch schon ab Jahresbeginn: Sog. B2B-Geräte, die ab dem 01.01.2023 in Verkehr gebracht werden, müssen nun auch mit dem Symbol der durchgestrichenen Mülltonne gekennzeichnet werden.
Neuer Angemessenheitsbeschluss für den US-Datentransfer?
Die EU und die USA haben einen erneuten Versuch gestartet, einen Angemessenheitsbeschluss für den transatlantischen Datentransfer zwischen den beiden Territorien zu verhandeln. Innerhalb der ersten Jahreshälfte soll der Beschluss verabschiedet werden.
Kommt es am Ende tatsächlich zu einer Vereinbarung, würde dies eine erhebliche Entlastung für europäische Händler bedeuten; Leistungen von US-Dienstleister, z. B. Tracking-Dienste, könnten in der Folge wahrscheinlich unkomplizierter genutzt werden.
Abzuwarten bleibt, ob dieser Angemessenheitsbeschluss diesmal langfristig Bestand haben wird.
Lagebericht von der Abmahnfront
Der mutmaßliche Abmahnbetrug zu den Google Fonts scheint vorbei zu sein. Im Zuge des vermeintlich unrechtmäßigen Erpressungsversuchs einzelner Abmahner wurden mehrere Händler im vergangenen Jahr zeitgleich abgemahnt, die Google Fonts auf ihrer Webseite dynamisch eingebunden hatten. Dahinter steckte eine eigens dafür programmierte Software. In diesem Fall sollten Händler der Forderung nach Schmerzensgeld auf keinen Fall unmittelbar nachgehen, sondern sich zunächst rechtliche Unterstützung einholen. Mittlerweile wurden von den Klägern keine Abmahnungen mehr gemeldet.
In der Vergangenheit wurden weitere Fehler in Online-Shops abgemahnt. Ein Dauerbrenner ist hier vor allem die unberechtigte Nutzung von Produktfotos, durch die sich Händler mit Schadenersatzansprüchen von Fotografen und Mitbewerbern konfrontiert sehen.
Daneben sind auch u.a. unlautere Preiswerbungen, z. B. durch falsche Grundpreisangaben, Markenrechtsverletzungen und Werbung mit sog. Health Claims beliebte Ziele für Abmahner. Eine Übersicht finden Sie auch im Abmahnradar Dezember 2022.
Den passenden Schutz für Ihren Online-Shop finden Sie mithilfe der Legal-Pakete von Trusted Shops.
Wer 2022 erfolgreich gemeistert hat, kann sich auf 2023 freuen!
Auch wenn der Gesetzgeber für das neue Jahr keine großen Änderungen geplant hat, sollten Sie in Ihrem Tagesgeschäft natürlich weiterhin die geltende Rechtslage beachten. Als Ihr Vertrauenspartner unterstützt Trusted Shops Sie gerne in Zukunft dabei, sich vor Abmahnungen zu schützen.
Über den Autor
Leon Ferme ist Wirtschaftsjurist und seit 2020 für die Trusted Shops AG im Bereich Legal Services tätig. Sein Bachelorstudium des Wirtschaftsrechts hat er an der Technischen Hochschule Köln absolviert, an der er auch sein Masterstudium des Medienrechts und der Medienwirtschafts erfolgreich abgeschlossen hat. Er setzt sich intensiv mit den für Online-Shops relevanten Rechtsgebieten, wie Datenschutz- und E-Commerce-Recht auseinander.